Nagelfluh 14 Gipfel Tour

25.10.2023

Nagelfluhkette, Hochgrat, Stauffner Haus … das sind Worte die über Jahre hinweg in unseren Köpfen sind und Sehnsucht wecken. Alles begann mit einer Folge "Wunderschön" auf WDR, seitdem ist das Reiseziel auf unserer Wish List ziemlich weit oben. Aber wir brauchen dazu zwingend gutes Wetter, denn der Weg ist nicht ohne und wir möchten die schwierigen Passagen nicht im Regen gehen und ganz neben bei hätten wir natürlich auch gerne was von der schönen Aussicht.

Der Oktober 2023 startet fast sommerlich, wir haben Urlaub und somit geht es recht kurzfristig von uns aus gute 600 km in den Süden. Auch, wenn uns strahlend blauer Himmel und Temperaturen um die 20 Grad empfangen, merken wir die Nachsaison. Das bedeutet für uns ganz konkret, dass die erste Hütte zum Übernachten, die Alpe Gund, nur Freitag bis Sonntag geöffnet hat. Somit bleiben ein paar Tage zum  akklimatisieren und die Gegend um den Großen Alpsee und Oberstaufen zu erkunden, bevor es Freitag endlich mit dem Zug nach Immenstadt geht.

Das Wanderherz ist angekommen, unsere Trekking Rucksäcke gepackt für 3 Tage auf unserem Rücken, es kann los gehen. Der Berg ruft!

Erstes Etappenziel von 14 Gipfeln ist der Mittag. Die Schilder weisen den Weg zur Bergbahn, aber wer uns kennt weiß, dass die ohne uns fährt. So biegen wir rechts über die Brücke durch das Steigbachtal und sind schon auf einem schönen Weg entlang des Steigbaches, der uns im Schatten der Bäume nach oben führt. Wir können den breiten Weg immer wieder verlassen und am Wasser entlang laufen. Bei der Mittelstation treten wir aus dem Wald, haben nochmal einen schönen Blick auf unsere Alpseen und folgen die letzten Höhenmeter dem breiten Weg. Oben angekommen erwartet uns auf 1450 HM ein tolles Panorama, Wellenbänke um die Aussicht zu genießen und natürlich das erste Gipfelfoto. Das zweite am Bärenköfle lässt dann auch nicht lange auf sich warten und fühlt sich fast  geschenkt an. Aber wir sehen schon den Steineberg vor uns, für heute der höchste Punkt mit 1683 HM und der wartet nochmal mit einem kräftigen Anstieg und Nervenkitzel auf uns. Denn wir nehmen für unseren Gipfelsturm die senkrechte Leiter, die du aber auch umgehen kannst. Nach dem Steineköfle entscheiden wir uns zur Alpe Gund zu gehen, da Wolken aufgezogen sind. Die Hütte liegt wunderschön, unterhalb des Stuiben und so kann man gut den Gipfel am ersten oder zweiten Tag bezwingen. Wir haben schon fast 1000 Höhenmeter auf der Uhr, auch wenn es sich nicht wirklich danach anfühlt und wir noch recht fit sind. Die vielen Eindrücke und Ausblicke lenken ab und lassen den Weg recht kurzweilig erscheinen. Wir bezeichnen uns ja gerne als Genusswanderer und so sitzen wir mit einer Tasse Kaffee auf der Terrasse und genießen den wunderbaren Blick auf den Gipfel. Wir beziehen unser Lager, welches wir mit 4 weiteren Wanderern teilen. Es gibt auch Doppelzimmer, die sind aber ausgebucht. Uns macht es für 2 Nächte nichts im Lager zu schlafen, irgendwie gehört es dazu. Hier zählen die Basics, Entspannung nach dem Wandertag und deftiges Essen, um die eigene Energie wieder aufzufüllen. Für das Smartphone muss die eigene Powerbank reichen, denn der Strom der Solarzellen ist kostbar und so gibt es keine einzige Steckdose im Gästebereich des Hauses. W-lan und Handyempfang sind sowieso nicht vorhanden. Wasser ist ebenso kostbar und fließt nur kalt am Waschbecken. Dafür gibt es gratis Trinkwasser aus dem Schlauch.

Unser 2ter Tag beginnt noch vor dem Sonnenaufgang. Wanderschuhe schnüren, Stöcke schnappen und aufi geht 's mit dem Licht der Stirnlampe dem Gipfel des Stuiben (1749) entgegen. Rauf wählen wir den kurzen steilen Anstieg und genießen es ohne Gepäck zu wandern. Just in time erreichen wir das Gipfelkreuz zum Sonnenaufgang, den wir nicht alleine genießen. Die Aussicht und das Licht ist einfach mega am frühen Morgen, da lohnt sich der Anstieg ohne Kaffee. Um nicht den gleichen Abstieg zu nehmen, wählen wir den Weg über den Grat, den wir gestern zum Abschluss der 1. Etappe in die Gegenrichtung genommen hätten. Jetzt ohne Rucksack ist das Klettern über die Felsen, den Hochkamm entlang des Drahtseils kein Akt. Es heißt nur schauen, gehen und genießen. Schließlich motiviert uns, neben dem atemberaubenden Panorama im frühen Tageslicht, das Hüttenfrühstück mit lokalem Brot, Käse, Marmelade, Milch und Kaffee. Gut gestärkt und motiviert für die nächsten Gipfel, brechen wir auf. Sederstuiben (1737 m) – wir kommen. Zunächst ist der Weg noch sehr grün mit ersten roten, gelben, braunen Zeichnungen, die im frühen Tageslicht noch leuchten. Zwischen einigen Wolken zeichnet die Sonne kleine Himmelsleitern, sodass das Auge und die Linse vieles zu erfassen hat. Das Holzkreuz des Gipfels ist sehr schlicht. Immer wieder werden die Almwiesen von kleineren Felsmassiven durchzogen, die einen ersten Vorgeschmack auf den Hochgrad, unserem heutigen Tagesziel, geben. Nach dem Gipfelfoto und dem Glücksmoment geht es mit dem heutigen Auf und Ab steil über Almwiesen weiter. Wir nehmen uns Zeit ein Steinmännchen in einer Astgabel zu bauen und einige Fotostopps zu machen, ehe der Weg schmaler, steiniger und mehr und mehr zu Kletterpartie mit Stahlseilen wird. Jetzt ist Trittsicherheit gefragt. Das wir beide Schwindelfrei sind, kommt uns hier zu Gute. Der Buralkopf (1772 m), ein Berg ohne Gipfelkreuz erwartet uns. Das nächste Gipfelkreuz des Gründleskopfs (1748 m) ist 1907 der "Regina dell` amore" geweiht. Mit leichtem ab und auf wandern wir steil hinab und wieder rauf auf mit einem kleinen Abstecher auf das Rindalphorn (1821 m). Auf dem Gipfel erwarten uns ein kalter Wind und es sind Wolken aufgezogen, so dass wir nach einem kurzen Gipfelfoto weiter ziehen, dem Gelschwanger Kopf (1810 m) entgegen. Das Gestein unter unseren Füßen mit dem sonderbaren Namen Nagelfluh ist Jahrmillionen alt und stammt aus Alpenflüssen, die das Sedimentsgestein in Sturzfluten hier hin geschwemmt haben. Durch Wasserdruck und Kalk entstanden die Nagelfluhbänke über die wir heute schreiten dürfen. Der Volksmund nennt das Gestein auch liebevoll "Herrgotts Beton". Wie auch immer, es sieht einfach toll aus. In der Region wird das Gestein auch geschliffen und poliert für einigen größere und kleinere Kunstprojekte verwendet. 
Irgendwie hätten wir nicht erwartet, vor dem Hochgrat nochmal so weit runter und dann natürlich auch wieder hoch zu müssen. Gefühlt haben wir unsere 1000 Höhenmeter im Aufstieg schon auf der Uhr, aber es ist wie es ist. Den einen Anstieg schaffen wir noch, den Hochgrat (1824 m) lassen wir uns doch nicht entgehen. Am Gipfel kommen wir noch mit zwei Wanderern ins Gespräch, tauschen uns über die Schönheit der Natur und des Wanderns aus und steigen glücklich und doch zugegebener maßen mit müderen Beinen als gestern zum Staufner Haus ab. 

Wir werden heute zum Abendessen mit Kürbisknödel belohnt, was für ein Gedicht. Heute schlafen wir zu viert im Zimmer, kennen unsere Zimmergenossen – Anita und Franz - aber schon von der Alpe Gund und freuen uns sehr auf ein Wiedersehen. Wir genießen dann auch wirklich die Zeit beim Abendessen und Frühstück für einen guten und bereichernden Austausch.

Nach dem Frühstück und der Zimmerbuchung für die nächsten Tage in Oberstaufen starten wir durch das Alpentor zurück auf unseren Grad. und wandern weiter in Richtung Seelekopf (1663 m). Dieser Gipfel hat ein imposantes großes Eisenkreuz. Mit einem letzten Blick zurück verabschieden wir uns von unserem höchsten Gipfel, dem Hochgrad. Heute werden wir nur 400 Hm rauf nehmen, trotzdem darf wieder geklettert werden und gerade der letzte Anstieg zum Hochhäderich (1565 m) ist nicht ohne, belohnt aber mit einem Ausblick auf den Hörmoos See. Was ein Glück, dass es trocken ist und die Sonne scheint, so können wir auf dem Weg zum Falken (1564 m), über die Rohnehöhe (1639 m) die Aussicht über und durch Felsen in grüne Täler genießen. Immer wieder treffen wir Anita, Franz und andere Tischgäste vom Abend auf den Gipfeln. Die heutige Tour ist, dank der Kletterpassagen und des Panoramas mein Favorit. Das Grad feeling ist auf dem Weg über den letzten unserer 14 Gipfel besonders. Die Felsen sind schroff, der Pfad ist schmal und dort wo es nötig ist, wieder mit dem Drahtseil gesichert. Einfach nur genießend gehen wir über den Grad und erreichen den letzten Gipfel. Glücklich lassen wir am Gipfelkreuz das Panorama bei einem ausgiebigen Picknick auf uns wirken.

Unser Abstieg führt zunächst zum Hörmoos See. Die Landschaft um den See herum beherbergt eines der höchstgelegenen Moorgebiete Bayerns und ist Lebensraum für viele vom aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen. Es gibt auch einen Kräutergarten, einen kleinen Laden und einen Gasthof, welcher aber leider geschlossen war.

Der weitere Weg hält doch noch hin und wieder ein paar Schwunghöhenmeter für uns bereit, da wir uns jedoch wieder dem Tal nähern, sind die Wege wieder breit und gut zu gehen. Wir bekommen dann doch noch einen Kaffee und frische Buttermilch und haben von der Terrasse des Bergasthofes Hochbühl einen tollen Blick auf "unsere Nagelfluh". Schon ein bisschen stolz und vor allen Dingen dankbar sitzen wir im Sonnenschein. Es ist jetzt noch eine gute Stunde bis zur Talstation der Imbergbahn. Wir stoßen auf einen Familien Wanderweg mit Informationstafeln über den Naturpark Naglfluh, zu den Tieren und Pflanzen, in Form eines kleinen Quiz, welches den Kindern das Wandern interessant und kurzweilig näher bringt. Von der Berg- zur Talstation ist es noch ein unspektakulärer Abschnitt, der bewältigt werden muss. Von der Imbergbahn geht es dann bequem mit dem Bus wieder nach Oberstaufen.

Fazit & Praktische Tipps:

Für uns war diese Tour zu recht auf der Wunschliste und hat uns total beeindruckt.

Wenn du wie wir die Berge liebst und ein wenig Abenteuer suchst, können wir dir diese Tour

sehr empfehlen. Bergerfahrung, Trittsicherheit, gute Schuhe mit Profil und trockenes Wetter empfehlen wir ausdrücklich. Du solltest vorab bei den Hütten anrufen, damit du sicher einen Schlafplatz hast. Weiterhin sind wir Fans von Wanderstöcken, gerade auf den steilen Abschnitten werden es dir deine Knie danken.

Für uns war es eine gute Lösung vorab ein paar Tage in Oberstaufen zu verbringen und von dort mit der Bahn oder dem Bus nach Immenstadt zu fahren und am Ende auch wieder den Bus nach Oberstaufen zu nehmen, wo wir noch ein paar Nächte geblieben sind. Die Verbindungen sind gut und wir konnten unser Auto am Hotel stehen lassen. Das Parken an der Imbergbahn war zum Zeitpunkt unserer Reise auch kostenlos, was jedoch eine absolute Seltenheit in der Region ist.